Die Felsritzungen in Begby bei Fredrikstad  (Zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
Riksantikvarennummern: 19645, 49243, 9801 (Norwegisch)



Nördlich von Begby befindet sich dieses Gebiet mit mehreren Felsritzungen. Verwaltungstechnisch ist es in drei Felder aufgeteilt, die aber relativ nahe zusammen liegen und durch einen Lehrpfad verbunden sind.
Hier befindet sich auch ein Gräberfeld aus der Eisenzeit, von dem allerdings nicht viel zu erkennen ist.

Alle folgenden Informationen auf dieser Seite sind den verschiedenen Informationstafeln an den einzelnen Felsritzungen entnommen.

Während in anderen Teilen Norwegens auch Felsritzungen aus der Steinzeit vorkommen, die ungefähr 7000 Jahre alt sind, gehören sämtliche Felszeichnungen in Østfold zum Kulturmilieu der Bronzezeit.
Sie sind Ausdruck für die religiösen, politischen und wirtschaftlichen Vorstellungen der Menschen in der Bronzezeit. Sie sind Zeugen einer Ackerbaukultur, und die Felsen mit solchen eingeritzten Zeichnungen liegen häufig am Rand von Äckern und Weideland. Sie erzählen von Technologie und der wirtschaftlichen Welt der Bronzezeit, und sie berichten von religiösem Kult, in dem u.a. auch der Fruchtbarkeitskult eine bedeutende Rolle spielte. Die häufigsten Symbole sind Sonnensymbole, Schiffe, Wagen, Waffen, Menschen, Haustiere, Fußabdrücke und schalenförmige Vertiefungen. In der Regel deutet man die Figuren als religiöse Symbole, aber vielleicht erzählen sie auch von wirtschaftlicher und politischer Leitung. Manchmal sind die Figuren auf eine Weise komponiert, dass ihre Deutung für uns heute schwierig ist.

Im äußeren Teil von Østfold gibt es außergewöhnlich viele Felder mit Felszeichnungen aus der Bronzezeit, die reich an Figuren und Motiven sind. Funde in unmittelbarer Nähe einzelner Felszeichnungsfelder haben gezeigt, dass kultische und zeremonielle Handlungen bei diesen Felszeichnungen stattgefunden haben müssen.

Die Felszeichnungen Østfolds sind jenen im schwedischen Bohuslän sehr ähnlich. (Eine Verlinkung zu Felsritzungen in Bohuslän erfolgt sobald ich die Seiten fertiggestellt habe) Das deutet darauf hin, dass das äußere Østfold und das äußere Bohuslän eine enge Kulturlandschaft gehabt haben. Gewisse Unterschiede in der Form und Art und Weise, wie die Figuren in ein- und demselben Feld gestaltet wurden, lassen darauf schließen, dass die Zeichnungen über eine gewisse Zeitperiode geschaffen wurden.

Deutung von Felsritzungen

Die Felsritzungen sind bildliche Darstellungen der Gedanken und Ideen der Menschen in der Bronzezeit. Die Gedankenwelt ist uns Menschen von heute unbekannt, wir können die Symbole der Menschen von damals nicht "lesen" wie sie es konnten. Wir können sie nur so gut wie möglich zu deuten versuchen.
Teils helfen uns andere archäologische Quellen, die über das wirtschaftliche und soziale Gefüge Aufschluss geben, bei der Deutung, wie z.B. Grab- und Wohnstätten, Opfer- und Lagerfunde. Teils müssen wir in der Religionsgeschichte forschen, uns an die Bronzezeitreligionen im übrigen Europa und im nahen Osten halten, mit denen die nordischen Länder eine bedeutende Gedankengemeinschaft hatten. Ein Teil der Symbole, die wir auf Felszeichnungen finden, wie Schiffe, Sonnensymbole, Kultgegenstände und Fußabdrücke, repräsentieren zentrale religiöse Ideen, die sehr verbreitet waren.
Auch über die Technologie der Bronzezeit erhalten wir durch die Felsritzungen bedeutenden Aufschluss: Man baute prächtige Schiffe, das Rad war bekannt, man hatte Wagen, die wie hier von zwei Pferden gezogen wurden. Eine Felszeichnung in Bohuslän stellt einen Mann mit einem primitiven Holzpflug dar, dem zwei Zugtiere vorgespannt sind.

Datierung von Felsritzungen

In der Steinzeit lagen die Flächen mit Felsritzungen unter dem Meer. Deshalb müssen sie jünger sein. Sie liegen auch nicht tiefer als das Niveau des Meeresspiegels in der Bronzezeit, und dürften älter als aus der Eisenzeit sein. Das Niveau des Meeresspiegels in der jüngerern Bronzezeit knüpfen deshalb die Felsritzungen an jene Periode.
Die wichtigsten Dekorelemente auf Bronzegegenständen aus der Bronzezeit sind ineinandergezeichnete Zirkel und Spiralen, und diese finden wir auf den Felsflächen als Felsritzungen wieder. Es ist daher anzunehmen, dass diese aus der gleichen Zeit wie die Bronzegegenstände stammen. Auf Felsbildern kommen auch Abbildungen von Gegenständen vor, die es auch in Bronze gegossen gibt. Metall gibt es in der vorausgehenden jüngeren Steinzeit nie. Solche Dekor und solche Gegenstände kommen in der jüngeren Steinzeit oder in der nachfolgenden Eisenzeit nicht vor. Deshalb müsen die Felsritzungen zu der Bronzezeit datiert werden.
Das Niveau des Meeresspiegels, Dekorelemente und Gegenstände aus Bronze sind in der Archäologie die wichtigsten Kriterien zur Datierung der Felsbilder aus der Bronzezeit.

Bronzezeit - Eisenzeit

Schon früh in der Eisenzeit, um das 6. Jahrhundert v.u.Z. verschwinden die Steinzeichnungen. Das fällt mit Änderungen im Rohstoffgebrauch zusammen (Eisen kommt in Verwendung), der sozialwirtschaftlichen Struktur der Zeit, der politischen Machtverteilung und Bestattungsbräuchen.
Während man in der Bronzezeit teils große Grabhügel mit Gräbern Beerdigter auf Hügelkuppen findet, ist der Brauch, die Toten zu verbrennen, in der älteren Eisenzeit vorherrschend. Da werden die Gräber nun sehr einfach, und sie enthalten nur wenig Totengaben. All dies, sowie die Tatsache, dass die Felszeichnungen aus dem Gebrauch kommen, lässt am Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit auf bedeutende Änderungen, auch religiöser Art, schließen.

Man fährt von Hunn aus weiter in Richtung Strömstad. Kurz vor Begby biegt man im Kreisverkehr rechts in Richtung Kjølberg ab. Dort befindet sich auch ein Schild mit der Aufschrift "Helleristninger". Nach 500 Metern befindet sich links ein Parkplatz. Von dort aus folgt man dann dem Pfad geradeaus und NICHT dem nach links auf den glatten Felsen führenden Trampelpfad, denn dort ist NICHTS!
Nach etwa 100 Metern erreicht man dann die rechts des Weges liegenden Felsritzungen Begby 4 (Baby-Begby)

Koordinaten: 59°13'17.67" N, 11°00'29.63" O (Google Maps öffnet sich in einem neuen Fenster)





Etwa 100 Meter weiter den Pfad entlang befindet sich dann das Felsritzungsfeld Begby 1 (Gullskår Nedre).

K
oordinaten: 59°13'14.70" N, 11°00'25.45" O (Google Maps öffnet sich in einem neuen Fenster)








Dieses Schiff unten wurde nie fertig gehauen. Solche unfertigen Figuren kommen ziemlich häufig auf Felsritzungsfeldern vor.



Das zweite Schiff von unten stellt ein Schiff mit Mannschaft dar. Die männlichen Figuren an Bord haben ausgestreckte Arme und scheinen Äxte hochzuhalten. Ist hier ein Gott dargestellt, oder ein Mensch mit Macht und Autorität?

Das Symbol links mit den beiden Kreisen unten stellt einen Wagen mit zwei Rädern dar, der von zwei Pferden gezogen wird. Der Wagen scheint in kultischer Verwendung gewesen zu sein.



Links eine menschliche Figur mit schalenförmiger Vertiefung. Eine schwangere und fruchtbare Frau?



Die runden Flächen sind schalenförmige Vertiefungen (Schälchen) und vielleicht das weibliche Gegenstück zum männlichen Fruchtbarkeitssymbol. Diese Vertiefungen kommen einzeln vor, verteilt über die ganze Felsplatte, aber offenbar auch in ganz bewusst angeordneter Form.


Etwa 60 Meter weiter befindet sich dann das dritte Felsritzungsfeld, Begby 2 (Gullskår Øvre, Begbymannen)

Koordinaten: 59°13'12.72" N, 11°00'25.16" O (Google Maps öffnet sich in einem neuen Fenster)




Die männliche Figur links oben wird "Tänzer" genannt. Musik und Tanz haben wahrscheinlich ihren natürlichen Platz bei Festlichkeiten und im religiösen Kult gehabt.



Wenn auch schwer vorstellbar, das Symbol unten rechts stellt keine Schere dar, sondern einen Wagen in sehr einfacher und abstrakter Darstellung.



Zirkelförmige Figuren wie die in der Mitte und Spiralen betrachtet man als Sonnensymbole, und damit auch als Lebens- und Fruchtbarkeitszeichen. Diese Motive finden wir auf Schildern, Schwertern, Kleidungsspangen und Gürtelschmuck aus Bronze wieder.


Fotos: R. Möws 08/2010